Der Spiegel und die Väter

Gerade habe ich mir aufgrund des schrecklichen Titels den Spiegel gekauft. „Sind Väter die besseren Mütter?“, fragt das Hamburger Boulevardblatt, um in der dazugehörigen Artikelüberschrift dann zu fordern: „Lasst die Väter ran!“ Der Großteil des sechsseitigen Texts dreht sich um „neue Väter“ und ihre Geschichten. Und vor allem darum, wie toll sie das machen. Wenn sie denn von den Müttern gelassen werden. Die Mütter sind nämlich das eigentliche Problem, aber das ist ja bekannt: Maternal gatekeeping und so. Christian hätte sich ja so gerne gekümmert, aber „er habe sich unter ständiger Beobachtung gefühlt.“ Und da lässt sich ja nun wirklich nichts machen. Wenn mich jemand beim Wickeln beobachtet hätte, wäre ich auch lieber ins Büro gegangen. Dabei wäre es doch für alle von Vorteil, wenn diese Mütter endlich mal zur Vernunft kommen. Wenn Väter mit ihren Kindern zusammen sind, weinen die nämlich nie, analysiert der Spiegel den Unterschied zwischen Müttern und Vätern: „kein Lärm, kein Quengeln, kein Gezeter“

Muss ich erwähnen, dass in dem Artikel außer den Erfahrungen von Christian kein Anhaltspunkt für die Existenz eines maternal gatekeeping benannt wird? Egal, nächster Aspekt des Themas: Ein paar Absätze lang geht es darum, dass Väter dabei unterstützt werden müssen, Beruf und Vaterschaft miteinander vereinbaren zu können. Für Mütter wird zwar kein roter Teppich der Vereinbarkeit ausgerollt, aber natürlich gilt besonders für Väter: Jaja, alles ganz schwer und „Männer sollten in der Arbeitswelt für ihr Recht kämpfen, Vater zu sein.“ Kämpfen! Kämpfen! Kämpfen! So kann Papa nebenbei vielleicht sogar beweisen, dass er trotz familiärem Engagement noch immer Mann geblieben ist.

Zu guter Letzt noch der Hinweis, dass es unglaublich wichtig ist, dass „Väter in ihren eigenen Erziehungsmethoden stärker gesehen und unterstützt werden.“ Denn: „Egal ob Väter die Familie allein ernähren oder gemeinsam mit ihrer Partnerin das Geld verdienen – ihr Wunsch, sich in der Familie zu engagieren, ist in beiden Fällen gleich groß.“ Hach, ist es nicht schön. Diese engagierten Väter. Kümmert sich ein Vater nicht um die Kinder, ist er eben einfach nur woanders engagiert. Und natürlich müssen auch diejenigen unterstützt werden, die nix tun. Ist ja schließlich zum Wohl der ganzen Familie. Wenn es Papa gut geht, geht es allen gut. Ist doch logisch, oder?

Soweit so altbekannt und so sehr werden die Erwartungen, die der schreckliche Titel weckt, lässig erfüllt. Irgendwann zwischendurch enthält der Artikel aber sogar zwei spannende Sätze. Unter Berufung auf den „Vater der Väterforschung“ Michael Lamb von der Uni Cambridge wird ausgeführt:

„Der sogenannte mütterliche Stil, also der eher tröstende, von Empathie geleitete Erziehungsstil, ist für Lamb das Verhaltensmuster desjenigen, der hauptsächlich für die Betreuung verantwortlich ist.
Der väterliche Stil, der eher spielerische, körperliche Stil, ist das Verhaltensmuster desjenigen, der nicht die Hauptverantwortung trägt, sondern die Nebenrolle spielt.“

Huch, dann sind die Väter vielleicht doch gar nicht die besseren Mütter? Sondern eben einfach nur diejenigen, die sich der Hauptverantwortung entziehen und ihre Nebenverantwortung hochjubeln, kultivieren und festschreiben? Egal, wir beachten die beiden Sätze nicht weiter und widmen uns wieder Alexander. Der ist nämlich ein wirklich toller Papa. Der streichelt seinem Sohn Henri vor dem Mittagsschlaf langsam über die Stirn und schon schläft dieser ein. Schwierig ist das Einschlafen nämlich nur bei der Hautbezugsperson aka Mutter, wenn sich Henri über den stressigen Tag mit Papa Alexander ausweinen muss. „Tadaaa“

32 Antworten

  1. Ich frage mich ja, ob die im Büro/auf Arbeit auch immer gleich die Flinte ins Korn werfen, wenn jemand anderes etwas besser kann. Oder ist es vielleicht doch einfach nur Faulheit aka „Die macht das schon.“?

  2. Es ist immer wieder erstaunlich, wie unsolidarisch und achtungslos Männer den Lebensrealitäten des eigenen Geschlechts gegenüber treten. Der Text hier toppt den Spiegel noch um Längen in Sachen Weltfremdheit. Wirklich beachtlich.

    • Gustav Heikel sagt:

      Danke!

    • Focus Aureus sagt:

      Der Kommentar ist wirklich peinlich u zeigt mir nur, dass hier ein Blogger von der Problematik nichts und wieder nichts verstanden hat. Das heißt nicht,dass der Spiegeltext gut ist. Der Spiegeltitel, der, wenn ich das beim schnellen „googlen“ richtig sehe, bereits 1980 herdienen musste http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-21113286.html, führt auch in die Irre: ich will als Vater nicht die bessere Mutter sein. Mir würde es reichen, wenn ich – hier stellvertretend für nicht wenige Väter – einfach nur ein präsenter und engagierter Vater sein könnte. Dies mit gesellschaftlich sattem Einverständnis. Auf den Jochen muss ich bei dieser Thematik offensichtlich nicht bauen. Der ist halt einfach nur lustig. Das juckt aber das Heer der sog. Fachkräfte, Juristen und Mütter nicht, die nach wie vor mit aller Macht und allem Ernst das ihre dafür tun, Männer von ihrem selbstverständlichen Engament für ihre Kinder und ihrer Erziehungspräsenz abzuhalten. Die Motive reichen hier von dümmlicher Mütterideologie bis schnödem Geldmachen auf Kosten der Kinder und Väter. Eine gesellschaftliche Reaktion, die einer Modernisierung dieser Gesellschaft in Richtung Elternschaft auf Augenhöhe mit Macht entgegensteht. Aber ich bin zuversichtlich: schaumerma was der Spiegel 2040 titelt.

  3. Barbara sagt:

    Dazu passt Michy Beisenherz auf stern.de mit „The Walking Dad – 30 Stunden in der Gewalt eines Latte Macchiato- Papas. Larmoyantes Gelaber, – aber halt, ist ja nur Humor. Und wer hier nicht lacht, ist eine Emanze. Selten so geärgert.

  4. Anne Bonny sagt:

    Danke für diese Zusammenfassung. Es hat sicher viel Energie gekostet, sich durch die sechs Seiten zu kämpfen.
    Wer hat denn eigentlich diesen unsäglichen Spiegelartikel verfasst?

  5. frank sagt:

    Lieber Blogger Jochen König,

    ich habe erst gestern gelesen dass man sich in seinem Blog auf ein Thema konzentrieren soll, statt über alles zu schreiben. Dies, um sich zu spezialisieren und zu wissen, wovon man schreibt. Ohne von Ihnen etwas zu kennen, denke ich mal Sie sind eher der Typ, der bloggt was er grad sieht. Das führt natürlich dazu, dass Sie sich ein wenig lächerlich machen weil Sie einfach keinen Einblick haben. Ich verstehe, dass Sie an dem Thema mit-bloggen wollen (ich bin kein Blogger;-) einfach um „dabei“ zu sein. Aber jeder der dies als ersten Beitrag von Ihnen liest, weiss, was er von Ihrer Schreiberei insgesamt zu halten hat. Sie werden mit jedem Schreiben immer ein paar finden, deren Meinung Sie gerade treffen, aber damit werden Sie insgesamt nicht weiter kommen, weil Sie mit jedem Thema ein paar weiteren Leuten zeigen, dass Sie von nichts Ahnung haben. Und so verringern Sie das für Sie verbleibende Publikum mit jedem neuen Artikel weiter, bis auch der Letzte weiss: „Och ne, lass mal….“.

  6. A.n. sagt:

    Lieber Jochen,
    Vielen Dank für deinen Beitrag. Ich sehe es genauso wie du!
    Schade nur, dass die obigen Kommentare so mal total umsonst sind von den Männern und genau das bestätigen, was du ja schon beschreibst.
    LG. Mach weiter so!

  7. waterchocolate sagt:

    lieber jochen,

    vielen dank für diesen text. auch ich kann mich dir nur anschließen. ich kenne allerdings – anscheinend im gegensatz zu den verfasser_innen der meisten obigen kommentare – viele deiner texte und somit deinen hintergrund – vielleicht auch deinen schreibstil. tatsächlich kann ich mir vorstellen, dass menschen, die sich mit deiner sicht der dinge noch nicht beschäftigt haben und diesen text als ersten deiner schriftstücke lesen, wegen der ironie deine argumente schwer bzw. nicht erfassen können oder eher wollen… sicherlich ist es ja aber auch nicht dein anliegen „es allen recht“ bzw. „sich allen verständlich zu machen“. ich freue mich jedenfalls über jeden neuen text von dir!!!

    • jochen sagt:

      Danke für die Rückmeldung und es freut mich, dass du dich über meine Texte freust. In diesem Fall finde ich die negativen Kommentare sogar fast ganz lustig, weil sie sich so schön selbst entlarven.

  8. Dimo sagt:

    Hallo Jochen,

    nachdem ich einige Texte von dir gelesen habe, verstehe ich deine Aufregung. Ich bin beeindruckt von deinem Beispiel für Männer, Frauen und Gesellschaft. Trotzdem finde ich es ist bisschen wie Benzin ins Feuer zu kippen, wenn man den Ärger der „klassischen“ Väter (u.a. teilen von Ich) und ihren Willen für Gerechtigkeit und Möglichkeiten in der Kindererziehung (Spiegel-Artikel) nicht verstehen möchte und klein redet. Aber ja, das stimmt – Titel und Inhalt sind sehr Vater-freundlich, mut-machend und weniger wissenschaftlich. Und dass Kinder sich bei Papas nicht ausweinen??? So ein Quatsch!

    Die Frauenquoten sind da um den Einstieg in den bisher „Männer-dominierten“ Chef-Etagen möglicher zu machen. Und es ist ok so!
    Jochen, ich möchte dich fragen: brauchen wir jetzt Männerquoten in der klassischen „Frauen/Mütter-dominierten“ Kindererziehung??? Jemand dagegen? Mit Worten und Gesprächen zu Hause kommen Paare nicht weiter… nach dem Subtext des Spiegel-Artikels. Danke!

    • sv sagt:

      Der Vergleich hinkt. Bei der Kinderbetreuung handelt es sich um unbezahlte Arbeit zuhause, die im Prinzip jeder verrichten darf, der möchte, und ähnelt damit absolut nicht dem stark beschränkten Erhalt eines Chefposten mit sehr überdurchschnittlicher Bezahlung. Ich nehme auch an, du meinst nicht zufällig, dass es eine Quote geben solle, nach der 30% der Väter im ersten Babyjahr komplett in Elternzeit gehen, demnach für diese Zeit auf 35% ihres Gehalts verzichten und sich ganz ums Kind kümmern „dürfen“. Sie kämen dann in den Genuss, mit den gleichen Konsequenzen konfrontiert zu sein wie momentan sehr viel häufiger Mütter; nach dem ersten Babyjahr sich für eine Teilzeittätigkeit entscheiden, da anders oft einfach nicht schaffbar, und damit einhergehend fortan minder anspruchsvolle Aufgaben in ihrer Firma zu verrichten und nur noch eingeschränkte Karrierechancen zu haben. So ist der Deal, mehr Zeit mit dem Kind bedeutet in unserer Gesellschaft weniger Zeit für den Job, weniger Geld und weniger Freizeit. Ökononmisch sind nach wie vor Mütter von der jetzigen Norm benachteiligt und nicht Väter. Daher brauchen Väter auch keine Quote.

      • Dimo sagt:

        Danke für Deine Antwort!
        Gemeint habe ich wirklich, dass man Quoten einführen muss, wo es mit Freiwilligkeit und Gespräche nicht weiter geht.
        Und es ist doch perfekt, dass sich Väter mehr in der Kindererziehung und Kinderbetreuung engagieren. Je mehr, desto besser. Auch wenn sie es noch nicht so perfekt machen wie Mamas. Genauso ist es mit der Frauenquote… Da werden Frauen bevorzugt nicht weil sie etwas besser können!
        Daher die Frage an der einseitig-kritischen Position von Jochen. Ich hätte mir mehr Konsens anstatt Streit-Stoff gewünscht. In einem seinen vorigen Texten wurden Väter eher kritisiert, dass sie kaum Zeit bei der Betreuung nehmen, aber in Scheidungsstreit um Gerechtigkeit kämpfen…? Ähm, was jetzt…
        Und ob sich Elternzeit mit Quoten (50/50) teilen kann… meiner Meinung nach ja! Wenn jeder Elternteil nur für Monate X zu Hause bleibt und nicht arbeiten darf. Und wer sich die Zeit nicht nimmt, kriegt den anderen Elternteil diese auch nicht! Damit kann jeder für z.B. 15 Monate zu Hause bleiben und die Bindung zum Kind entwickeln. Und Arbeitgeber werden genauso viel Risiko haben, wenn sie Mann/Frau recruitieren. Und wenn du die Zeit nicht nimmst, dann hättest du als Mann/Frau schlechte Karten vorm Gericht.
        Weil es ist die Zeit, die man alleine(!) mit dem Kind (<7j) verbringt, wenn die emotionelle Bindung zum Kind passiert! Meine eigene Erfahrung. Vllt schaffen das einige Geschlechts-Genossen mittels Telepathie und wenn jemand zuschaut. Ich bezweifle. Und ja, es gibt leider noch sehr viele Mütter, die aus spürbare Konkurrenz, Eifersucht, bewusstes Nicht-Wollen oder aus vllt "gott-gegebener Besserwisserei" die väterlichen Bindung vernachlässigen oder gar nicht schätzen… Lässt bitte die Väter ran auch wenn sie das Wickeln am Anfang scheinbar nicht besser können. Zumindest wenn diese wirklich wollen!!! Sonst muss die Eltern-Quote kommen. Bei den "gut-verdienenden" Chef-Etagen ist es ähnlich. Analogie hoffentlich verstanden.
        LG, Papa von 2

        • sv sagt:

          Sorry, aber die Analogie besteht nicht und zwar nach wie vor aus den von mir oben genannten Gründen. Frauen sollen außerdem nicht deswegen per Quote in die Vorstände gelassen werden, weil sie jetzt endlich mal ein bisschen was tun wollen, auch wenn sie noch nicht so perfekt sind wie Männer, sondern weil sie bislang offensichtlich ansonsten sehr viel seltener als Männer genommen wurden. Diese Quote betrifft sehr wenige Frauen überhaupt nur, denn die meisten Frauen (und auch die meisten Männer) sind weit davon entfernt so einen Position zu erhalten. In den deutschen Aufsichtsräten jedoch sitzen de facto nur sehr wenige Frauen.

          Es ist mit Sicherheit nicht so, dass ähnlich wenig Männer von ihren Frauen die „Erlaubnis“ erhalten nachts um drei, wenn ihr Baby das vierte Mal losquäkt, diesem die Windel zu wechseln. Abgesehen davon, dass ich mich auch frage, wie es gehen soll, dass ein Part sowas erlaubt oder verbietet in einer Zweierbeziehung. Das sind doch Dinge, die miteinander ausgehandelt werden.

          In meinem Bekanntenkreis gibt es auch tatsächlich keine Väter, die von Müttern an der Babypflege gehindert werden. Die müssen nur sagen: „Schatz bleib liegen. Ich mach das.“ Und das machen die meisten dieser Väter durchaus auch oft und können es auch ebenso gut.

          Deswegen halte ich auch nichts von so Aussagen, Väter sind nicht so perfekt wie Mütter. Mütter sind auch nicht perfekt. Für die ist das auch schwer und anstrengengend und am Anfang haben sie keine Ahnung, was sie tun sollen.
          Wo bleibt der Spiegel Titel, in dem Müttern dafür mal ohne Ende auf die Schulter geklopft und Mut gemacht wird? Von mir aus auch gerne ohne dass dabei so getan wird, als seien Mütter die besseren Väter – was auch immer sowas heißen soll.

          Deine Idee bezüglich einer Regelung, mehr/länger Elterngeld je mehr die Elternzeit geteilt wird, ist sicherlich andenkenswert, wobei bei sowas auch schnell manche, zum Beispiel Alleinerziehende, benachteiligt werden.

          Grundsätzlich denke ich persönlich, dass Quotenregelungen sowieso nicht so viel verändern können, solange kein gesellschaftlicher Wandel insgesamt stattfindet. Aber darüber gibt es ja sehr unterschiedliche Auffassungen.

  9. marc sagt:

    hi. also ich schreib nie kommentare, das ist mein erster überhaupt. und zwar, weil ich einfach nur sagen wollte, dass ich die meinung einiger (weniger?) anderer hier nicht teile und deinen beitrag wirklich gut finde. und sehr wichtig. danke also.

  10. Lieber Jochen König,

    ich bin jedem Mann bzw. Vater dankbar, der mit Herz und Verstand an diese Thematik geht. Was wir von den Väteraktivisten sonst hören, ist nichts anderes als Ideologie, die mit gelebtem und lebbarem Leben nichts zu tun hat.

    Dieser „Vater neuen Typs“ ist zwar weit gesäht, aber selten aufgegangen. Sie führen völlig zu Recht aus, dass die Zahlen zur Elternzeit ein gänzlich anderes Bild zeigen, als es von der Bundesregierung vermittelt werden möchte – ein Blick in die tatsächliche Statistik sollte einem jede Romantik zu diesem Thema aus dem Sinn treiben. Die Hauptbelastung trägt die Mutter, und viele Väter sind nach wie vor höchstens am Wochenende für Hausarbeit (ja, die gehört auch dazu!) und Kinderbespaßung zuständig. Ist das Kind krank, hat Läuse oder muss Hausaufgaben machen, müssen Väter nicht selten ganz besonders viel arbeiten.

    Man möge mir die Polemik nachsehen. Aber mir will tatsächlich nicht in den Sinn, weshalb ein Kind NACH einer Trennung auf einmal MEHR Vater braucht als vorher. Abgesehen davon werden die Kinder der „neuen Väter“, die entweder der Mutter gänzlich entzogen werden (davon gibt es immer mehr!) oder die im Wechselmodell leben müssen, gar nicht selten von der neuen Partnerin, der Oma väterlicherseits oder einer Ganztagskita betreut – also wieder Frauen… Kaum ein Vater verlässt seinen Arbeitsplatz um sein krankes Kind aus der Kita zu holen oder reduziert sogar seine Arbeitszeit, um mehr Zeit für sein Kind zu haben.

    In einem anderen Blogeintrag schrieben Sie m. E. völlig zu Recht: „
    Ich würde mich sogar zu der These hinreißen lassen, dass ein Vater, der schon vor der Trennung eigenständig einen wirklich relevanten Anteil an Aufgaben in Bezug auf die Kinder wahrgenommen hat, gar nicht so einfach aus dem Leben der Kinder wegzudenken ist. Die Mutter hat dann gar nicht erst die Möglichkeit, dem Vater nach einer Trennung die Kinder nur noch jedes zweite Wochenende zu überlassen, weil sie beispielsweise einen Job hat, der es gar nicht zulässt, die Kinder an jedem einzelnen Wochentag in eine Betreuung zu bringen und sie aus dieser wieder abzuholen. Weil die Mutter dann vielleicht gar nicht die Telefonnummer der Zahnärztin hat, weil es immer die Aufgabe des Vaters war, an die regelmäßigen Termine zu denken und mit den Kindern dort hinzugehen. Weil die Kita mindestens ebenso oft den Vater anruft, wenn das Kind plötzlich krank wird.“

    So isses! Worum geht es diesem neuen Typ Vater also wirklich? Müssen die Kinder jetzt zwei Familien „bedienen“, gekränkte Eitelkeiten, Probleme bei der Trennungsbewältigung?

    Man darf nicht vergessen, dass es auch den besonders aggressiven „Vater neuen Typs“ gibt, dem es tatsächlich ausschließlich um Geld, Macht und Kontrolle geht: Nicht selten geht es schlichtweg darum, die Mutter fertigzumachen, nicht selten sagen diese Väter es sogar „Ich werde dir alles nehmen…“ – Um eine Mutter gefügig zu machen, muss man sie nur über das Kind bedrohen. Sie wird alles tun, um ihr Kind zu schützen – und steht damit leider oft allein. Leider kann ich von sehr vielen Fällen berichten, in denen die Mutter mit einem mehr oder minder narzisstisch gestörten Kindesvater geschlagen ist und Mutter und Kinder psychischer, finanzieller und nicht selten auch physischer Gewalt ausgeliefert sind. Das Familienrechtssystem und die angeschlossene „Helferindustrie“ versagt in diesen Fällen leider zu oft: Strukturelle Missstände im System i.V.m. Ideologie führen zu unerträglichen Urteilen. Angeordnetes Wechselmodell in hochstrittigen Fällen ist dabei noch nicht das Schlimmste.

    Bin ich also gegen das Wechselmodell? Nein, überhaupt nicht – im Gegenteil:

    Wechselmodell für alle! Und zwar bitte bereits WÄHREND der Beziehung! Und zwar auch bitte GEGEN den Willen des KV (Kindeswohl darf doch kein Wunschkonzert sein, oder?)

    Parität? Logisch, und zwar bei der KinderBETREUUNG und FÜRSORGE, bei der Hausarbeit, bei der Karrierreplanung, bei der Freizeit (einschl. Hobbies) und nicht zu vergessen: beim Geld!

    Wie schon gesagt, man möge mir eine gewisse Polemik nachsehen – aber mich kotzt dieser Leitartikel im Spiegel – rechtzeitig zu Weihnachten – wirklich an…

    Nur der Vollständigkeit halber: Natürlich gibt es auch anders gelagerte Fälle, natürlich gibt es auch weibliche Narzissten, ganz liebevolle Väter, ganz schreckliche Mütter. Aber es gibt auch die anderen Fälle – und davon gibt es mittlerweile zu viele!

  11. m sagt:

    „Für Mütter wird zwar kein roter Teppich der Vereinbarkeit ausgerollt“

    LOL was? Frauen wird ständig und überall der rote Teppich ausgerollt. Ihre Sorgen, Probleme und Wünsche bestimmen die Leitlinien der Politik under Medien.

    Sie haben wirklich den Schuss nicht gehört.

  12. Merryjane sagt:

    Lieber Jochen König,

    Ich bin gerade neu auf Deinen Blog gestoßen und begeistert von Deinen präzisen und differenzierten Texten.

    Vielen Dank für die in jeder hinsicht zutreffende Kritik des furchtbar ärgerlichen Spiegel-Artikels. Ich verstehe auch gar nicht warum der Spiegel Mütter und Väter gegeneinander in Stellung bringen will. Wer mehr Zeit mit dem Kind verbringt und feinfühlig auf seine Bedürfnisse reagiert wird seine primäre Bindungsperson. Da braucht es doch keine Geschlechtsanimositäten. Naja typisch Spiegel.

    Danke Jochen und ich schaue ab jetzt häufiger hier vorbei 🙂

  13. rapsi sagt:

    Lieber Jochen,

    auch wenn dieser Artikel jetzt schon ein paar Tage alt ist, möchte ich mich, nachdem ich jetzt auf ihn gestoßen bin, trotzdem äußern.
    Ich gebe zu, ich habe mich teilweise über Deinen Text geärgert, auch wenn ich manches nicht ganz von der Hand weisen kann.
    Aber falls ich kurz aus meiner eigenen Erfahrung berichten darf: Mir ging es tatsächlich auch so, dass ich mich (nicht wirklich zu Unrecht) bei der Betreuung meines Sohns beobachtet fühlte. Oft ging es nicht darum, sich um ihn zu kümmern, sondern alles so zu machen, wie seine Mutter es wollte.
    Für mich liegt es auf der Hand, dass es in diesem Modell nicht möglich ist einen eigenen natürlichen Umgang mit seinem Kind zu entwickeln. Ich konnte es auch nicht, was zu einem Gefühl von Unzulänglichkeit führte.
    Und im ersten Impuls wollte ich mich dann auch wieder in meine Arbeit stürzen. Doch damit abfinden wollte ich mich nicht. Also fing ich an mit ihm allein Dinge zu unternehmen, Babyschwimmen, Ausflüge, Besuche bei Freunden, etc. Und siehe da, als ich plötzlich nicht „unter Aufsicht“ stand und quasi ja auch gezwungen war mir eigene Lösungen zu erarbeiten, klappte das genauso gut wie mit Mama – nur eben auf unsere Art. Und es wurde völlig klar, dass Papa der Begleiter ist, wenn man zum Arzt oder zu den ersten Verabredungen geht, zum Spielen auf dem Spielplatz und der Abends vorlesen soll. Aber möglich wurde es nun mal erst, als wir uns aus dem Kontext „Mama weiß es am besten“ lösen konnten.
    Klar, Mütter werden nach der Geburt sofort ins Kalte Wasser geworfen und haben fast immer keine Möglichkeit erstmal jemand anders machen zu lassen. Aber ob Vätern die gleiche try and error Zeit zugestanden wird, muss ich leider schon bezweifeln. Und dass ein Vater nicht einfach nur eine zweitklassige Mutter sein möchte, kann ich sehr gut nachvollziehen. Das ging mir ganz genauso. Und von daher kann ich den Satz über die Unterstützung von Vätern bei der Findung von eigenen Erziehungsmethoden nur unterschreiben.

    Herzlichen Grüße

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