Ausnahmezustand

Seit ein paar Wochen befinden wir uns im Ausnahmezustand. Deshalb kommt von mir gerade nicht so viel. Lynn liegt seit Beginn des Jahres wegen einer Infektion im Krankenhaus. Mittlerweile geht es ihr etwas besser. Die Behandlung schlägt an, sie hat wahrscheinlich keine Schmerzen mehr und wir machen uns nicht mehr ganz so viele Sorgen, brauchen aber weiterhin viel Geduld. Ihr Kitastart ist erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben.

Wir hoffen, so gut wie möglich für sie da sein zu können. Wir wechseln uns zu dritt im Krankenhaus ab, besuchen uns gegenseitig und auch für uns ist der Krankenhausalltag belastend. Wir sitzen mit ihr in den wenigen Quadratmetern um die Infusion herum fest bzw. können uns immer nur so lange davon wegbewegen, wie der Akku der Maschine hält, die die Infusion steuert. Die Tage sind voller Heimweh und Langeweile. Ich kann gar nicht zählen wie oft ich die Frage „Wie geht es dem kleinen Mann heute?“ schon gehört habe. Dazu die extremen Hierarchien zwischen und unter Ärzt_innen und Pflegerinnen. Das alles macht wenig Spaß.

 

mit Kind im Krankenhaus

Ein von Jochen König (@koenigjochen) gepostetes Foto am

 

Wir machen uns darüber Gedanken, inwieweit unsere Familienkonstellation dafür verantwortlich war, dass es so lange gedauert hat, bis wir genauer wussten, was Lynn hat, weil niemand von uns über viele Tage hinweg ihren Zustand kontinuierlich und ohne Unterbrechungen beobachten konnte. Oder ob unsere Konstellation vielleicht hilfreich war, weil immer nach ein paar Tagen ein Elternteil Lynn wiedergesehen hat und schleichende Veränderungen damit eher aufgefallen sind. Genauer werden wir das sicherlich nochmal analysieren, wenn Lynn gesund und zuhause ist.

Es ist schon hart, mitzuerleben, dass Lynn mit mittlerweile etwas mehr als einem Lebensjahr schon heftiger krank war/ist und mehr Tage im Krankenhaus verbracht hat als ihre drei Eltern in zusammen knapp 100 Lebensjahren. Sie versteht noch nicht so richtig viel von dem, was mit ihr im Krankenhaus passiert. Immer wieder wird sie von fremden Menschen angefasst und gepikst. Erst einmal muss sie wieder richtig gesund werden, aber auch dann werden wir wohl noch eine Weile mit den in den letzten Wochen entstandenen Traumata beschäftigt sein…

(Die gesellschaftlichen Diskussionen der letzten Wochen habe ich nur am Rande verfolgt. Den #ausnahmslos-Aufruf habe ich mitunterzeichnet. Und auch den ersten Teil der WDR-Doku „Väter – die neuen Helden“ habe ich mir am Krankenbett sitzend angeschaut. „Wir sind die neuen Helden, wenn man uns lässt“, heißt es darin. Sehr schön analysiert wurde die Doku bereits bei aufZehenspitzen. Mein Lieblingssatz: „Ein paar Minütchen sind drin.“ Das sagt der Gastronom, der sein Leben wegen des Kindes komplett über den Haufen geworfen hat, in der Küche seines Restaurants. So ist das nämlich ihr lieben Mütter: Wenn ihr uns lasst, die Kinder bei uns an der Arbeit vorbeibringt, wieder abholt und euch auch sonst für alles darüber hinaus zuständig fühlt, lassen wir modernen Väter einmal am Tag alle Fünfe gerade sein, schalten in unserem Job nen Gang zurück und investieren „ein paar Minütchen“ unserer kostbaren Zeit fürs Kind. Von so viel Einsatz für die Familie könntet ihr Mütter euch echt mal ne Scheibe abschneiden, statt diesem väterlichen Engagement nur im Weg rum zu stehen. Oder hab ich da jetzt was falsch verstanden? Heute Abend kommt übrigens der zweite Teil der Doku.)

4 Antworten

  1. Nina sagt:

    Das sind ja keine schönen Nachrichten – alles Gute für Euch alle und vor allem schnelle Genesung für die kleine Patientin!

  2. waterchocolate sagt:

    auch ich wünsche euch allen viel geduld und kraft und eine schnelle genesung! ich hoffe, ihr habt das schlimmste hinter euch und seid bald wieder zu hause! herzliche grüße!

  3. david sagt:

    ui… gute besserung an den kleinen menschen. hoffe es geht bald wieder gut.

  4. Anne Bonny sagt:

    Haltet die Ohren steif! Ich hoffe, es geht Lynn mittlerweile schon etwas besser.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.