ein neuer Lebensabschnitt
Ich starte in einen neuen Lebensabschnitt. So fühlt es sich zumindest gerade an. Seit etwa einem halben Jahr begleitet mich eine kleine Sinnkrise. Die letzten Monate waren zusätzlich besonders anstrengend. Doch nun stehen einige Veränderungen an bzw. haben schon begonnen.
In meinen letzten sieben Jahren war fast alles auf das Leben mit Kind(ern) ausgerichtet. Die Kinder waren/sind mein Lebensmittelpunkt, alles andere war/ist um sie herum organisiert. Ich habe über mein Leben mit den beiden geschrieben. Ich habe mich sehr stark darüber definiert, habe an vielen Stellen zurückgesteckt, um für die Kinder so da zu sein, wie ich das in den letzten Jahren war. Im letzten Jahr habe ich gemerkt, wie anstrengend es ist, alleine mit zwei Kindern zu leben – selbst wenn ich beide nicht die ganze Zeit bei mir habe. Vieles in den letzten Jahren habe ich sehr genossen und doch hatte ich in den letzten Monaten mehr und mehr Lust, mich auch wieder mit anderen Themen zu beschäftigen.
Seit Anfang April haben wir nun unsere Kinderbetreuungstage neu aufgeteilt. In der letzten Zeit hatte ich jedes zweite Wochenende kindfrei – also an 2 von 14 Tagen. Seit Anfang April sind es nun 5 von 14 Tagen, die ich ohne Kinder verbringe! Für mich fühlt sich das an wie eine Revolution. Aufgrund des gemeinsamen Wunschs von Mutter und Tochter ist Fritzi in unserem 14-tägigen Rhythmus einen Tag länger bei ihrer Mutter, sie ist jetzt nur noch etwas mehr als die Hälfte der Zeit bei mir, Lynn geht mittlerweile in die Kita und ist weiterhin etwas weniger als die Hälfte der Zeit bei mir. Die Kinder sind darüber hinaus häufiger gemeinsam bei mir und damit bleiben mir unterm Strich mehr als doppelt so viele kindfreie Tage.
Ich freue mich riesig über meine neuen Freiheiten. Ich möchte mehr lesen und schreiben. Ich möchte mal wieder spontan abends auf eine Diskussionsveranstaltung gehen. Ich möchte mich wieder mehr um Freund_innenschaften kümmern. Ich möchte feiern gehen. Ich möchte im Sommer zum ersten Mal seit längerer Zeit zu einem Festival fahren, 3 Tage nur in der Sonne liegen, Musik hören, tanzen, mit anderen Menschen über die Sonne, die Musik und das Tanzen sprechen und nicht an die Kinder denken. Ich möchte die Zeit nutzen, um darüber nachzudenken, wie ich in Zukunft Liebesbeziehungen führen möchte. Ich möchte mich weiter mit Geschlechterthemen, Familien, Beziehungen, Männlichkeit beschäftigen und darüber schreiben. Ich habe die Hoffnung, dass ich durch die freie Zeit viele neue Ideen bekomme. (Und ich muss mich mehr als in den letzten Monaten damit beschäftigen, wie sich mein Bankkonto füllt.)
Ich bin allen drei Müttern meiner Kinder unglaublich dankbar. Ich weiß, dass ich mich in einer total privilegierten Position befinde. Es gibt drei verantwortungsvolle, zuverlässige und engagierte Personen, die sich gemeinsam mit mir um die Kinder kümmern, die mir in der Vergangenheit viele Freiheiten ermöglicht haben und in Zukunft weiter ermöglichen.
Auch ich möchte natürlich weiterhin zuverlässig für meine Kinder da sein. Ich möchte nicht so viele neue Projekte anfangen, dass ich nicht mehr spontan einspringen kann. Ich werde weiterhin darauf verzichten müssen, zu abendlichen Veranstaltungen zu gehen. Es wird weiterhin passieren, dass ich an manchen Tagen meine Pläne von einem auf den anderen Moment über den Haufen werfen muss. Ich möchte weiterhin viel Zeit mit meinen Kindern verbringen. Und ich werde mir wie bisher viele Gedanken darüber machen, wie ich meine Familienkonstellation und mein Familienleben gestalten möchte.
Ich möchte, dass wir in meiner Familie weiterhin flexibel und miteinander im Gespräch bleiben. Ich möchte, dass alle Eltern in meiner Familie die Möglichkeit haben, ihr Kind für eine bestimmte Zeit mehr zu sehen, wenn sie möchten – auch wenn das heißt, dass ich dann etwas von meiner Zeit mit den Kindern abgeben muss. Ich möchte, dass alle Eltern in meiner Familie die Möglichkeit haben, sich Zeit für sich zu nehmen, alleine in den Urlaub zu fahren, neue Kraft zu sammeln oder für einen Zeitraum mehr zu arbeiten – auch wenn das heißt, dass ich dann mehr Sorgearbeit übernehmen muss. Ich werde alles dafür tun, in einer Familie zu leben, in der alle Elternteile die Möglichkeit haben, sich aus welchem Grund auch immer für eine Zeit etwas rauszuziehen, weniger Verantwortung zu übernehmen, ein Kind seltener aus der Kita oder der Schule abzuholen und dabei immer zu wissen, dass es einen Weg zurück gibt.
Ich habe etwas Angst. Ich muss abgeben und loslassen. Ich sehe Fritzi etwas seltener, Lynn knüpft in der Kita erste eigene Kontakte außerhalb ihrer Kernfamilie. Und ich bin mir noch überhaupt nicht sicher, wie es mir gelingen wird, meine freie Zeit zu füllen. Ich habe etwas Angst und gleichzeitig freue ich mich riesig auf meine neue Freiheit.
Der Punkt MUSS doch mal kommen. Find ich gut, dass Du Dich so klar mit Dir und Deinen Bedürfnissen auseinandersetzt (auch wenn es bestimmt manchmal schmerzhaft ist)… die Kinder haben sicher mehr davon, wenn der Papa auch glücklich ist.
Dein „Programm“ für den Sommer klingt vielversprechend. 😉
Mein Sohn ist erst 2 … ich hab noch ein paar Jahre bis zum „Befreiungsschlag“… und leider ist der Papa nicht um die Ecke um ihn die Hälfte der Zeit zu sich zu nehmen… Wir gucken mal.
Dir wünsche ich einen schönen, halb-freuen Sommer und schöne Zeiten mit den FreundInnen 🙂