„Zwei Papas und ein Baby“ – Rezension
In seinem Buch „Zwei Papas und ein Baby“ beschreibt Tobias Rebisch sein Coming-out, die Liebe zu seinem Mann Marc, den gemeinsamen Kinderwunsch, die Hürden auf dem Weg zur Erfüllung dieses Kinderwunschs, die Adoption von Luis sowie schließlich das gemeinsame Glück zu dritt. „Unser Leben als (fast) ganz normale Familie“ lautet der Untertitel und vieles in dem Buch dreht sich um die Frage, die das kurze Wort in der Klammer aufwirft. In jeder Episode auf dem Weg zu ihrer eigenen Familie geht es um einen Vergleich mit den „ganz normalen Familien“ und es wird der Wunsch von Rebisch und seinem Mann deutlich, sich möglichst wenig von den anderen Familien in ihrem Umfeld zu unterscheiden.
Mir ist die beschriebene Lebensrealität eher fremd. „Stylishe Reisen, Gourmetrestaurants, ein Golfwochenende hier und ein Musicalbesuch dort“, so schildert Rebisch den Alltag des Paares vor der Adoption ihres gemeinsamen Kindes. Ich hab das Buch dennoch gerne gelesen. Besonders durch die ständigen Rechtfertigungen und Beteuerungen, doch eigentlich genauso zu sein wie alle anderen, wird wunderbar deutlich, wie schwer es manchen Menschen noch immer gemacht wird, ihr Leben und ihre Familie so zu gestalten, wie es für sie am besten passt.
Für schwule Paare ist es sehr schwierig, sich den eigenen Kinderwunsch zu erfüllen, wenn keiner der beiden die Möglichkeit hat, ein Kind im eigenen Bauch auszutragen. Noch immer ist es gleichgeschlechtlichen Paaren in Deutschland verwehrt, Kinder zu adoptieren und so sind sie mehr als andere auf das Wohlwollen von Jugendamtsmitarbeiter_innen sowie Gebärenden, die ihr Kind zur Adoption freigeben, angewiesen und müssen die eigene bürgerlich-konservative „Normalität“ an so vielen Stellen wie möglich immer wieder unter Beweis stellen. Auch wenn deutlich wird, dass eine Orientierung an dieser konstruierten „Normalität“ für Rebisch und seinen Mann überhaupt erst die Möglichkeit beinhaltet, ihren Kinderwunsch zu erfüllen, so hätte ich mir doch einen reflektierteren Umgang mit den im Buch doch sehr häufig auftauchenden Begriffen „normal“/„Normalität“ gewünscht.
Etwas ärgerlich ist auch das Mütterbashing, das scheinbar in Büchern von Vätern zur Abgrenzung der eigenen Rolle nicht fehlen darf. So formuliert Rebisch seine Frustration darüber, dass sein Umgang mit seinem Sohn von Unbeteiligten bewertet und kritisiert werde, um kurz darauf selbst über Mütter zu lästern, denen ihre Frisur vermeintlich wichtiger sei, als ungezwungen mit den eigenen Kind zu planschen.
Dass Rebisch Luis zunächst nur alleine adoptieren kann, wird eher am Rande erwähnt. Erst im Nachwort geht er etwas genauer auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ein und erwähnt, dass es insgesamt noch zweieinhalb Jahre gedauert hat, bis auch sein Mann den gemeinsamen Sohn im Rahmen einer Sukzessiv-/Stiefkindadoption habe adoptieren konnte.
Anders als Rebisch und sein Mann erfüllt sich das schwule Paar in der sehenswerten WDR-Doku „Leihmutter, Eimutter und zwei Väter“ vom 14.04. seinen Kinderwunsch in den USA – wie im Titel bereits angedeutet – mit Hilfe einer Leihmutter sowie einer Eizellenspenderin. Auch hier steht die persönliche Geschichte im Vordergrund, die gesellschaftlichen und politischen Fragen um Adoption, Leihmutterschaft oder Normalität werden in beiden Fällen nur angedeutet. Die zunehmende mediale Präsenz unterschiedlicher Familien ist hoffentlich ein Schritt zu weiteren Diskussionen darüber.
Rebisch, Tobias: Zwei Papas und ein Baby. Unser Leben als (fast) ganz normale Familie, Heyne Verlag München 2016
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