Ich liebe meine Kinder vom Büro aus – wo sind meine Kekse?
In der Daddylicious-Stern.de-Kolumne beschwert sich Mark Bourichter über den Medienhype um „Super-Papas“. „Ich kann es nicht mehr hören“, schreibt er. Anders als ich kritisiert er jedoch nicht, dass sich Väter für ihre minimalen Leistungen feiern lassen. Er kritisiert auch nicht, dass Väter für etwas gelobt werden, was bei Müttern als selbstverständlich angesehen wird. Er kritisiert vielmehr, dass in diesem ganzen Hype um die „neuen Väter“ das Rollenbild der 50er Jahre viel zu negativ dargestellt werde: „Müssen wir allen Ernstes so negativ über das 60 Jahre alte Rollenbild des Vaters sprechen?“
Väter, die „streng, emotionslos und spaßbefreit“ Kinder und Ehefrauen terrorisierten. Alles halb so wild, denn: Die Väter von damals haben ihre Kinder genauso geliebt wie die Väter heute, so Bourichters These. Dass es in dieser ganzen Diskussion um die Beteiligung von Vätern auch noch um etwas anderes geht als nur die völlig inhaltsleere Liebe zu den Kindern, unterschlägt er.
Wer die eigenen Kinder liebt, kann kein schlechter Mensch sein. So wie der Pastor aus dem Film „Das weiße Band – eine deutsche Kindergeschichte“, der seinem Sohn sagt „Ich will dir nur helfen, ich liebe dich von ganzem Herzen“, bevor er ihn verdrischt und beteuert, dass ihn das aufgrund dieser Liebe viel mehr schmerzen würde als dem Sohn die Schläge. Zugegebenermaßen spielt die Geschichte noch einmal ein paar Jahrzehnte früher. Dennoch: Lieber Mark Bourichter, „Liebe zu den Kindern“ ist ein völlig ungeeignetes Kriterium zur Beurteilung der Leistung eines Vaters.
Es geht nicht darum, dass Väter nicht mal „eine Woche lang erst um 19.30 Uhr nach Hause kommen“ dürfen. Das Problem ist, dass die meisten Mütter diese Möglichkeit nicht haben. Es geht auch nicht darum, das Label „Super Papa“ gegen konservative Väter wie Bourichter zu verteidigen. Wir können sehr gerne aufhören, über „Super Papas“ zu sprechen. Viel lieber möchte ich darüber sprechen, wie die Erledigung der Sorgearbeit und die damit verbunden biografischen Risiken gerechter aufgeteilt werden können. Viel lieber möchte ich darüber sprechen, dass die meisten Väter ihr Rollenverständnis nur auf Kosten anderer durchziehen können. Viel lieber möchte ich darüber sprechen, dass Blogs wie Daddylicious mit ihrem Männlichkeitsbild und ihrem Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der „rosa gefärbten“ Mütterwelt dazu beitragen, dass sich an den Rollenbildern auch in näherer Zukunft nicht allzu viel ändern wird.
Es ist schon erstaunlich, wie leicht es sich Väter von heute noch immer machen: >Ich habe zwar kaum Zeit für die Kinder, überlasse der Mutter die Sorgearbeit und den Alltag mit den Kindern, aber das ist egal, denn schließlich liebe ich meine Kinder vom Büro aus – ich will auch Super-Papa sein, wo sind meine Kekse?<
Danke!
Du sprichst mir aus der Seele!
ich möchte den beitrag ausdrucken und verteilen. in massen. danke!
Danke. Bin ich froh, dass ich den Stern-Artikel gar nicht erst gelesen habe. Ich hab grad diesbezüglich so schwache Nerven.
Gut, dass noch eine/r den Nerv hat, darüber zu schreiben. Ich würde gern, aber ich bin so mürbe. Ich mag nichts mehr sagen. Ich brodele vor mich hin und denke mir: „Es wird sich doch eh nichts ändern.“ Ich glaub, das ist dieser berüchtigte Feminist Burn-Out, von dem immer alle reden.