Wer einen Vater nicht mindestens dreimal am Tag bewundert, ist Sexistin

2016-08-28 12.51.32
Im Rahmen der Serie „Der neue Mann“ im Zeit-Magazin beklagt sich Daniel Erk unter der Überschrift „Ein Leben auf der Streckbank“ über die fehlende Wertschätzung, die ihm als „halbwegs modernem Vater“ von jungen feministischen Frauen entgegengebracht wird. Er verwickelt sich dabei in Widersprüche und reproduziert maskulinistische und antifeministische Projektionen auf Feminismus.

Erk schreibt erst, dass man die „Bewunderung fast greifen“ könne, wenn ein Vater ein Problem mit der Vereinbarkeit zwischen Job und Familie bekomme: „So ein toller, emanzipierter Mann!“ Wenig später beklagt er, es gäbe nicht einmal „ein wenig Anerkennung“ dafür. Ab wann gilt Bewunderung als Anerkennung? Müssen in Zukunft alle, die mit „halbwegs modernen Männern“ zu tun haben, mindestens dreimal am Tag ihre Bewunderung zum Ausdruck bringen, damit diese sich in ihrem harten Leben wenigstens über „ein wenig Anerkennung“ freuen können?

Was ist eigentlich ein „halbwegs moderner Vater“? Die genauere Rollenaufteilung in Erks Familie wird nicht beschrieben. Da schon die, die sich „moderne Väter“ nennen, häufig eher durch eine zweimonatige Elternzeit und ansonsten eher klassische Rollenaufteilung auffallen, bin ich bei „halbwegs modernen Vätern“ eher noch skeptischer. Wer nur den halben Weg geht, muss durchaus mit Kritik rechnen und in meiner Wahrnehmung ist diese Kritik im ganzen Hype um Väter als Superhelden eher viel zu leise als zu laut.

Als Indizien für die ungerechte Kritik und die „Häme“ gegenüber Männern im Allgemeinen führt Erk das angebliche „Schwadronieren“ über „Penisträger“ und die „Problemzone älterer Mann“ an. Eine kurze Google-Recherche meinerseits fördert jedoch nur einen einzigen feministischen Artikel aus dem Jahr 2012 zu Tage, in dem das Wort „Penisträger“ tatsächlich vorkommt. Ansonsten finden sich beide Formulierungen fast ausschließlich auf maskulinistischen Seiten.

Die genannten Formulierungen dienen dort, wo sie tatsächlich mehrheitlich verwendet werden, vor allem der Projektion auf Feminismus als vermeintliche Ideologie, der ein pauschaler Männerhass zugrunde liege. Anstatt konkrete Abwertungen zu benennen, bedient sich Erk dieser antifeministischen Projektion für seine Argumentation des „Verrats“ durch „junge, feministisch gesinnte Frauen“. Rhetorisch fragt Erk: „Warum widerspricht keiner?“, dabei ist die Anzahl derer, die widersprechen um ein Vielfaches größer als derjenigen, die diese Begriffe tatsächlich in abwertender Intention verwenden.

Auch eine zunehmende Bewertung von Männerkörpern wird von Erk beklagt: „Dadbod, cool oder ekelhaft? Man stelle sich vor, so würde öffentlich über Cellulite diskutiert!“ Hat Erk jemals in einer Frauenzeitschrift geblättert? Öffentliches Lästern über Cellulite und allgemein über Frauenkörper ist trauriger Alltag. Der unter der Frage zum Dadbod wie zum Beweis für das angeblich um sich greifende Bodyshaming gegenüber Männern verlinkte Artikel enthält jedoch das Wort „ekelhaft“ überhaupt gar nicht.

„Warum dann überhaupt noch die Mühen?“, fragt Erk, als ob sich Väter in der Familie nur engagieren würden, damit Feministinnen ihnen zujubeln. Ja, Vereinbarkeit zwischen unterschiedlichen Lebensbereichen ist nicht immer einfach. Auch ich jammere hin und wieder und scheitere an meinen Ansprüchen. Niemand schuldet mir Bewunderung. Und wenn sich das Leben manchmal wie auf einer Streckbank anfühlt, dann liegt das keinesfalls an jungen feministischen Frauen, sondern leider viel zu oft daran, dass es neben der Zeit für Job und Familie reichlich ermüdend ist, gegen den antifeministischen Beton in so manchen Köpfen anschreiben zu müssen.

 

6 Antworten

  1. Atomino2000 sagt:

    Unbedingt mehr den Feminismus animmeln! Machtstrukturell interessant. Karmatechnisch nicht weiterführend.

  2. Earonn sagt:

    Da möchte man dem geplagten halbwegs modernen Mann doch entgegensingen:
    „Das bisschen Haushalt macht sich doch von selbst…“

    Schöne Zerlegung des Artikels, den auch ich etwas selbstmitleidig und aufmerksamkeitsheischend fand. Gut auf den Punkt gebracht mit der Frage, ob Männer nur in der Familie helfen, damit Feministinnen (oder auch sonst wer) ihnen zujubelt.

    Macht Appetit auf die anderen Beiträge hier. 🙂

  3. ein mensch von vielen sagt:

    tausend mal danke für deinen beitrag zu dieser debatte.

    ich kam über frau Stokowski erst zu dem artikel des herrn erk, der mich so sprachlos machte und dann hierher..

    also noch mal: danke danke danke!

  4. doq sagt:

    Auch ich freue mich an der kritischen Betrachtung des Artikels von Daniel Erk (dessen „Argumentation“ ich auch als ermüdend empfand) und habe direkt Lust hier weiterzulesen!

  5. Gudrun sagt:

    „Vielleicht war es …in der Stube immer schon besser als … in der Fabrikhalle.“
    Hab ich irgendwas verpasst? Wie viele Frauen haben denn bitte im 19.Jhd. in den Fabrikhallen gearbeitet.Oder davor noch, zu Hause in der Stube in Kerzenlicht Handarbeiten gemacht, um zur kargen Feldarbeit noch ein zusätzliches Einkommen für die Familie zu haben. Je nach Gewerbe oder Epoche waren es mehr Frauen in den Fabriken als Männer. Zu Hause bleiben war damals bereits nur ein Privileg der Frauen aus den höheren Gesellschaftsschichten.
    Wenn Frau Schwierigkeiten hat, Beruf und Familie zu vereinbaren, gilt sie doch in Deutschland gleich als Rabenmutter (ein Begriff der nur in Deutschland vorkommen soll und den es bspw. in unseren Nachbarländern gar nicht gibt ). Vom Rabenvater habe ich auch nix gehört … „Berufstätige Mütter kennen diesen Stress natürlich. Diese innere Anspannung, wenn es exakt in dem Moment, in dem man zum Kindergarten aufbrechen wollte, plötzlich noch etwas wahnsinnig Wichtiges, Berufliches zu besprechen gibt. Und natürlich ist das unfair: Sagt ein Mann, dass er wegen des Kindes keine Zeit habe, kann man die Bewunderung fast greifen: So ein toller, emanzipierter Mann! Frauen in exakt derselben Situation müssen sich rechtfertigen: Wie, Sie müssen los? Sind Sie so unemanzipiert? Kann das nicht ihr Mann machen?“ Ist insofern eine der wenigen wahren Stellen in dem Text von Herrn Erk.
    Das mit dem Racheakt der Frauen an allen Männer ist jawohl totaler Blödsinn und sagt mehr über den Autor aus, als das es ansatzweise die Realität wiedergibt -> Männerfressende Karrierefrau, die ihrem armen unterdrückten Mann die Erziehung der Kinder ganz alleine überlässt und sich dann noch hämisch über ihre männlichen Kollegen hermacht????? Ich kenne nicht eine Frau, die diesem Klischee entspricht.
    Bedenklich finde ich ja noch die Einleitung: 17 Uhr auf dem Spielplatz mit einem kühlen Bier in der Hand. Echt jetzt? (Aber das ist ein andres Thema…)
    Der Artikel von Herrn Erk ist in großen Teilen einfach nur daneben und zeigt, wie wenig er von der Realität kennt. Vielleicht solltet ihr euch mal zusammen setzen, Jochen, und du gibst ihm mal ein paar Tipps und Fakten aus dem wahren Leben 😉

  1. 7. September 2016

    […] über Wer einen Vater nicht mindestens dreimal am Tag bewundert, ist Sexistin — JOCHEN KÖNIG […]

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