Lost in Familie

Seit zwei Wochen sitze ich heute zum ersten Mal wieder an meinem Schreibtisch und ich würde mich gerne inhaltlich mit den Themen beschäftigen, die mich interessieren, Ideen entwickeln, schreiben und meine To-Do-Liste abarbeiten. Ich bin damit gerade jedoch etwas überfordert.

Mein Kopf ist voll mit Familienthemen der letzten Wochen. Ich denke nach über die Einrichtung der Kinderzimmer in meiner Wohnung. Ich habe einen kleinen Schrank und einen neuen Teppich für eines der Kinderzimmer gekauft und aufgebaut. Im anderen Kinderzimmer müsste ich zusammen mit der Zimmerbewohnerin mal wieder ausmisten. Als nächstes nehmen wir uns die Schreibtischschubladen vor, in denen sich mit der Zeit alles Mögliche ansammelt. In beiden Kleiderschränken müsste ich demnächst mal wieder zu klein gewordene Klamotten aussortieren.

Ich denke darüber nach, warum mehrmals am Tag der Tee aus dem Becher zur Hälfte auf dem Fußboden landen muss. Ich denke viel über den richtigen Umgang mit Geschwisterstreitigkeiten nach. Lange war das – wahrscheinlich aufgrund des vergleichsweise großen Altersunterschieds – kein Thema. Mittlerweile bin ich zunehmend genervt, vor allem von meinen Interventionen.

Ich denke darüber nach, wie ich ein krankes Kind möglichst sanft davon überzeugen kann, den Hustensaft zu trinken und nicht einfach nur wieder aus dem Mund laufen zu lassen. Mir ist in den letzten Wochen deutlich bewusst geworden ist, dass die Wahrscheinlichkeit wegen einem kranken Kind einen Termin absagen zu müssen, mit zwei Kindern größer ist als mit einem. Ich denke darüber nach, was es für meine Erwerbstätigkeit bedeutet, wenn die Krankheitsfrequenz auf dem Niveau der letzten Wochen bleibt. Und ich denke darüber nach, ob die Kinder heute gesund genug waren, um in Kita oder Schule zu gehen.

Ich bin mit den Nachwirkungen der letzten Nacht (vor allem in Form von Müdigkeit) beschäftigt, in der ich auf 30 cm Breite schlafen musste, weil beide Kinder keine Lust hatten, alleine in ihren Betten zu schlafen. Ich denke darüber nach, dass die Kinder wieder größer geworden sind und damit mal wieder andere Bedürfnisse haben als die, an die ich mich in den letzten Monaten gewöhnt habe. Mich beschäftigen die Gespräche mit den Kindern. Gespräche beispielsweise darüber, dass die Mitschüler_innen nicht glauben wollen, dass es auch Männer gibt, die eine Muschi haben.

Ich denke darüber nach, warum eigentlich die Papiermülltonne nicht geleert wird und ob ich mein Altpapier einfach daneben stellen soll. Ich frage mich, ob ich jemals wieder eine aufgeräumte Wohnung haben werde. Hab ich jetzt lange genug darüber nachgedacht, was mich davon abhält, meine To-Do-Liste anzugehen, damit ich jetzt gleich wieder losgehen kann, um die Kinder aus Kita und Schule abzuholen?

2 Antworten

  1. 5. Januar 2017

    […] wie die neuen Erzieher wohl so sind, wieviele Kinder, wie wird kleine T. reagieren… „Lost in Familie“, wie es Herr König so treffend formulierte (lesenswert, ich dachte immer, das geht nur mir so? […]

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