Wer lebt mit wem?
Fritzi und ich waren in den letzten Tagen beim Wer-lebt-mit-wem-Camp in Thüringen: Unsere Fahrt beginnt am Berliner Hauptbahnhof. Als Reiselektüre sucht sich Fritzi dort ein Micky Maus Heft mit dem Schwerpunktthema Fußball aus. Auf wenigen Seiten wird darin deutlich, warum solch ein Camp wichtig ist und warum wir hinfahren:
Mit uns im Zug sitzen etwa 15 weitere Personen, die auch auf dem Weg zum Camp sind. Seit einiger Zeit drängt Fritzi immer wieder anderen Kindern Gespräche über Familienkonstellationen auf. Wenn sie in Berlin auf dem Spielplatz von ihrer Schwester und deren zwei Müttern erzählt, erntet sie hin und wieder verwunderte Blicke. Die anderen Kinder im Zug sind dagegen wenig beeindruckt, stattdessen kann Fritzi noch was lernen: „Hm? Was bedeutet Transgender?“, fragt sie.
Auf dem Camp treffen sich Menschen, die in unterschiedlichsten (Familien‑)Konstellationen zusammenleben. Von unseren Begegnungen auf dem letztjährigen Camp handelt ein Kapitel meines neuen Buchs. Dieses Jahr ist das Wetter viel besser. Und ich kann sieben Monate nach der Geburt von Lynn mittlerweile auch schon einiges mehr über den Alltag in unserer Co-Eltern-Familie berichten. Die Austauschrunden zum Thema Co-Elternschaft und Elternschaft mit mehr als zwei Elternteilen sind mehr als doppelt so groß wie im letzten Jahr. Sicherlich auch ein Indiz für die wachsende Bedeutung des Themas. Insgesamt sind in diesem Jahr etwa 200 Menschen da.
Die Kinder verbringen die meiste Zeit auf dem großen Trampolin und nach einer kurzen Anpassungszeit kommen sie besser und schneller als einige Erwachsene mit den Pronomen und der Normalität der Uneindeutigkeit der Geschlechter auf dem Camp zurecht.
Ein von Jochen König (@koenigjochen) gepostetes Foto am
Fritzi ist nur unter der Bedingung mitgekommen, dass wir nicht im Zelt schlafen. Also übernachten wir im Schlafsaal. Wir verleben spannende Tage, einen davon im Freibad Waltershausen mit dem traurigen Clown. Im Zug nach Hause unterhalte ich mich mit Fritzi lange über Trans*, Geschlechter und alles was damit zusammenhängt. (Dem Thema Trans* und Elternschaft widmet sich auch die aktuelle Ausgabe der Queerulant_in mit einigen spannenden Texten.) Dann sind wir wieder in Berlin. Kurz nach dem Duschen steht Lynn vor der Tür. Wir sind sofort wieder im Familienalltag und haben kaum Zeit, die Erlebnisse und Begegnungen zu verarbeiten und zu besprechen. Ich freue mich sehr über die vielen neuen Anregungen und Denkanstöße in Fritzis und in meinem Kopf. Im nächsten Jahr fahren wir sicherlich wieder.